Ein 2,25 Millionen Investment, zehn neue Mitarbeitende aus 600 Bewerbungen und der Einzug in die neuen Büros. Die CYNiO GmbH leistet nicht nur einen wertvollen Beitrag um die chemische Industrie nachhaltiger zu gestalten, das Gründerinnenteam bestehend aus Michéle Tille, Sophie Riedel und Marlene Baumhardt startet diesen Sommer richtig durch. Betreut wird die Ausgründung aus der TU Bergakademie Freiberg in der SAXEED Masterclass.
1. Herzlichen Glückwunsch zum 2,25 Millionen Euro Deal für CYNiO, Michéle! Wie ging es euch nach der Investitionszusage?
Michéle: Uns geht es gut. Wir haben ein halbes Jahr sehr intensiv darauf hingearbeitet, dieses Geld zu bekommen, den Deal abzuschließen und die Finanzierungsrunde erfolgreich zu gestalten. Tatsächlich hatten wir erwartet, den Moment mehr genießen zu können, für uns ging es jedoch direkt weiter mit den nächsten To Dos.
2. Motiviert es dich, wenn du Druck bekommst?
Michéle: Wir setzen uns selbst ambitionierte Ziele. Unternehmerin sein bedeutet, ständig Probleme zu lösen, flexibel Pläne anzupassen und neue Lösungen zu finden. Das macht für mich den Reiz und Spaß an der Sache aus.
3. Elevator-Pitch: Michéle, stell dir vor wir sind uns noch nie zuvor begegnet und fahren zusammen für 1 Minute im Fahrstuhl. Was antwortest du mir auf die Frage „Was machst du so?“
Michéle: Wir stellen spezielle Rohstoffe (Isocyanate) für die chemische Industrie mit einem neuen Verfahren her. Durch den patentierten Prozess können wir im Vergleich zu bestehenden Unternehmen eine größere Vielfalt von diesen Chemikalien günstiger herstellen und verkaufen. Unsere Chemikalien sehen aus wie Wasser und fungieren als Baustein, um diversen Endprodukten innovative Eigenschaften zu verleihen. Von Medikamenten oder Kosmetika, über Lackierungen und Schäumen zu Pflanzenschutzmitteln.
Aktuell werden diese Chemikalien mittels dem hoch toxischen Gas Phosgen hergestellt. Wir nutzen stattdessen CO2, was sowieso jeder los haben will. Dadurch können wir flexibel verschiedene Isocyanate, auch in kleinen Mengen, wirtschaftlich herstellen. Große Anbieter stellen meist nur wenige verschiedene Isocyanate her, weshalb Spezialisocyanate am Mark fehlen. Wir stellen somit für unsere Kunden ganz spezielle Chemikalien her, um ihre Nischenanwendungen und Produkte zu innovieren.
Wie kamst du zu dem Entschluss dich selbstständig zu machen? Was waren der Auslöser für den ersten Schritt?
Michéle: Im Auslandssemester in Finnland bin ich mit der Startup Szene in Berührung gekommen, seitdem wusste ich, dass will ich auch! Mit CYNiO gründe ich zum dritten Mal und freue mich ganz besonders auf unsere Reise und vor allem darauf die chemische Industrie mit unseren Isocyanaten zu fluten.
4. Was denkst du hat die Investor:innen überzeugt in CYNiO zu investieren?
Michéle: Unsere Vorbereitung! Wir haben uns die Zeit genommen, unser Unternehmen strategisch auszurichten und Pläne aufgestellt. Auch das Kundenfeedback hat geholfen – wir hatten Letter of Intents und Gespräche mit Industriekunden, die uns unterstützt haben und den Investoren zur Verfügung standen.
5. Wie hast du dich persönlich auf die Gespräche vorbereitet? Brauchte es viel Überwindung?
Michéle: Für mich war das nicht sehr anstrengend, weil ich viel Energie aus meiner Arbeit ziehe. Ich finde Kundengespräche mit anderen Chemikern viel herausfordernder, da ich als Nicht-Chemikerin im Team unterwegs bin.
Ich wurde in Betriebswirtschaftslehre ausgebildet und kenne mich mit Zahlen aus. Wenn Fragen zu Zahlen kommen, kann ich diese sicher beantworten, da fühle ich mich zuhause, das macht mir sogar Spaß.
6. Euer Gründerinnen-Team besitzt jetzt einen großen Erfahrungsschatz mit Investor:innen Gesprächen. Was kannst du anderen Gründer:innen mitgeben? Was hast du dabei gelernt?
Michéle: Zum einen würde ich die gesetzten Ziele anpassen, wenn der Verhandlungsprozess mehr Zeit einnimmt, als geplant. Wir hatten uns Ziele mit der Prämisse gesetzt, dass wir dann ab April wieder viel Zeit darauf verwenden können, an diesen Zielen zu arbeiten. Die Verhandlungen haben sich jedoch bis Juni gezogen. Man sollte die Ziele also unter dem Vorbehalt der Einhaltung einer gewissen Timeline setzen. Und seinen eigenen Zeitplan stärker zu vertreten.
Und ich nehme mit, dass man den ganzen Prozess nicht unterschätzen darf. Ich denke, wir waren sehr gut vorbereitet, was das angeht, aber wir haben trotzdem den Aufwand unterschätzt, den man damit hat mit den Investoren zu sprechen, ihnen das Labor zu zeigen und Meeting vor- und nachzubereiten.
7. CYNiO hat jetzt zwei Standorte eröffnet. Welche Meilensteine verfolgt ihr als nächstes? Michéle: Gerade liegt die Onboarding-Woche für 10 neue Mitarbeitende hinter uns. Mittelfristig wollen wir dann ab Ende August mit der Produktion starten. Im Oktober soll eine skalierte Produktionsanlage bei uns stehen, dafür müssen wir uns eng mit unseren Skalierungspartnern abstimmen. Wir haben extra einen Verfahrenstechniker eingestellt, der bis dahin jede Menge zu tun haben wird. Unser Ziel ist es außerdem, dieses Jahr noch einen ordentlichen Umsatz zu machen – da haben wir uns ambitionierte Zahlen gesetzt.
Die wichtigsten Meilensteine sind also: erst einmal gut ankommen, dann die neue Anlage in Betrieb nehmen, unser Umsatzziel erreichen. Ab Januar nächsten Jahres planen wir neue Einstellungen. Und ab dem Frühjahr ziehen wir dann in eine größere Produktionshalle. Mit all diesen Themen haben wir erstmal mehr als genug zu tun.
8. Was sind gute Gründe zum Gründen? Und würdest du es anderen empfehlen?
Michéle: Man hat die Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, etwa die Rahmenbedingungen der Arbeit zu gestalten oder die Strategie festzulegen. Auch die Unternehmenskultur kann man nach den eigenen Werten formen. Ich schätze es, mich selbst herauszufordern und meine Komfortzone zu verlassen, zum Beispiel bei der Kaltakquise. Vorteilhaft ist zudem, dass man eigene Prioritäten setzen kann, je nachdem, was das Leben gerade verlangt, und so eine ausgewogene Work-Life-Balance schaffen kann. Ein weiterer guter Grund ist der Spaß an der Arbeit. Ich kann diese Erfahrung jedem empfehlen, der bereit ist, Risiken einzugehen und aus Herausforderungen zu lernen.
9. Was ist deine Vision für CYNiO? Wo soll die Reise hingehen?
Michéle: Mit CYNiO wollen wir in Sachsen und Sachsen-Anhalt ein Unternehmen aufbauen, das neue Innovationen unterstützt. Durch die Bereitstellung unserer chemischen Bausteine, geben wir Forschenden und industriellen Produktentwicklern neue Werkzeuge an die Hand, um bestehende Produkte zu verbessern und weiterzuentwickeln.